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Veranstaltungen, die sich der wissenschaftlichen Beschäftigung mit digitalen Spielen widmen, stellen in der deutschen Forschungslandschaft längst keine Seltenheit mehr dar. Ob auf Festivals (wie der PLAY14), bei den Treffen Games-bezogener Arbeitsgruppen verschiedener Disziplinen (wie der GfM oder der DGPuK) oder in Form thematisch fokussierter Konferenzen (wie der Next Level oder Multiplayer-Konferenz) – es mangelt nicht an Gelegenheiten zum fachlichen Austausch. Es gibt jedoch kaum einen Termin, der es regelmäßig schafft, Interdisziplinarität, wissenschaftliche Leidenschaft und fachliche Diskussionen ‘auf Augenhöhe’ so erfolgreich zu verbinden wie das researching games BarCamp, das vom 27.-28. September 2014 zum vierten Mal in Wiesbaden stattfand.

Explizit als ‘Un-Konferenz’ konzipiert stellt das BarCamp eine formal niedrigschwellige, aber inhaltlich anspruchsvolle Alternative zum klassischen Tagungsformat dar: Es gibt weder Review-Verfahren noch ein festes Programm – die einzige Regel: Jeder und jede, der/die teilnimmt, leistet auch einen inhaltlichen Beitrag, seien es Vorträge, Workshops oder kurze Impulse in Form von ‘Lightning Talks’. Diese sehr offene Struktur zieht seit 2011 sowohl einen festen Kreis junger Forscherinnen und Forscher als auch jedes Mal neue Interessierte an. In diesem Jahr waren dies knapp 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus so diversen Fachgebieten wie Medien- und Kulturwissenschaft, Informatik, Religionswissenschaft, Politikwissenschaft und Game Design. Für mich war es nicht nur ein schönes Wiedersehen mit alten Bekannten, sondern auch das erste BarCamp, an dessen Organisation ich neben dem eingespielten Team Florian Berger, Steve Hoffmann und Christian Roth mitwirken durfte.

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Die Vorträge

Ähnlich wie in den Vorjahren erstreckte sich das BarCamp über zwei Tage, beginnend mit der basisdemokratischen Planung des Vortragsprogramms am Samstag Mittag und endend mit einer gemeinsamen Methodendiskussion am Sonntag Nachmittag. Dazwischen drängte sich ein spannendes, zweizügiges Programm, das die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einer beeindruckenden Themenvielfalt füllten. So diskutierten BarCamp-Veteranen wie Rudolf Inderst, Sebastian Felzmann oder Angelika Beranek Wege in die Games-PR (Inderst), Atmosphäre, Agency und UI Design (Felzmann) sowie die Spielerfahrungen junger Spieler_innen (Beranek). Mit gleich drei Teilnehmer_innen hielten außerdem die Religionswissenschaften Einzug ins BarCamp: Während Tobias Knoll und Simone Heidbrink einen breiten Überblick über religionswissenschaftliche Perspektiven auf digitale Spiele gaben, stellte Jan Wysocki eine spannende Analyse religiöser Motive in Bioshock Infinite vor. Überhaupt standen kritische Lektüren ‘ideologischer’ Aspekte digitaler Spiele in diesem Jahr hoch im Kurs: Michael Schulze von Glaßer setzte sich mit dem Verhältnis von Computerspielen und Politik auseinander, Gerald Farca sprach über dystopische Narrative im Computerspiel und Lea Harbich diskutierte die (Un-)Möglichkeit von Subversion am Spielemarkt aus Sicht der Kritischen Theorie.

Doch auch in diesem Jahr lebte das BarCamp vor allem von den erfrischenden disziplinären Perspektivwechseln, den die eng getakteten Vorträge ermöglichten (bzw. notwendig machten). So war es beispielsweise möglich innerhalb von nur zwei Stunden Vorträge zu Teambildungsprozessen in digitalen Spielen zu hören (David Gauß), zu aktuellen Perspektiven auf Internetsucht (informiert und unaufgeregt: Michael Dreier), zu Indie Game Development (leidenschaftlich und unterhaltsam: Felizitas Baum) und Empathy Games (theoretisch & analytisch stilsicher: Svenja Baumann). Mein eigener Vortrag ergänzte die disziplinäre Vielfalt: Unter dem Titel “Just follow the meta, stupid!” diskutierte ich Möglichkeiten, Metagame-Trends von kompetitivem Multiplayer-Spiel durch Modelle der mathematischen Spieltheorie zu erklären.

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Der ganze Rest

Doch so schön Interdisziplinarität auch ist, sie sprengt naturgemäß das eng getaktete BarCamp-Format von 25 Minuten pro Vortrag und Diskussion. So konnten viele Themen nur schlaglichtartig beleuchtet werden und die Diskussionsfreudigkeit der Zuhörer_innen wurde oft nur vom erbarmungslosen Klingeln der mechanischen Zeitmesser im Zaum gehalten. Umso angeregter fanden die Diskussionen dann in den Pausen, beim gemeinsamen Essen und während der researching games Night am Samstag Abend statt. Letztere wartete erneut nicht nur mit Musik, Getränken und anregenden Gesprächen auf, sondern auch mit zahlreichen Indie Games zum Ansehen und Ausprobieren, darunter Antichamber, Sportsfriends, Nidhogg oder der Goat Simulator. So war es erneut die Kombination aus entspanntem Klassentreffen-Charme, unprätentiöser aber informiert-gepflegter Diskussionskultur und inspirierendem persönlichen Austausch, die das BarCamp auch in diesem Jahr zu einem rundum gelungenen Event machten. Vielen Dank an alle Teilnehmer_innen und das ganze Orga-Team!

Wer mehr über das researching games BarCamp 2014 erfahren will, findet hier die live und kollaborativ entstandenen Mitschriften sowie (bald) die Folien und Abstracts zu den Vorträgen: http://researchinggames.net/archiv/2014/

Es wurde auch getwittert: https://twitter.com/researchingames

Und – ganz wichtig – hier gibt es T-Shirts zu kaufen: http://resgames.spreadshirt.de (Zugangsdaten zum Shop auf Anfrage unter info@researchinggames.net)

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